About Me
Der Pianist, dem man gerne beim denken zuhört
von Andreas Felber
Simon Raab also. Man kennt den gebürtigen Oberösterreicher als Aktivposten der jungen Wiener Jazzszene. Als wandlungsfähiger, technisch beschlagener Pianist mit nuanciertem, klassisch geschultem Anschlag gilt er seit Jahren als gefragter Sideman in einer Vielzahl von Bands. Seit 2016 setzt er zudem als Bandleader Akzente, im mit- und hinreißenden Quartett Purple is The Color mit Tenorsaxofonist Štěpán Flagar, Bassist Martin Kocián und Drummer Michał Wierzgoń. Eine hochelastische, virtuose, bestens eingespielte Band, inzwischen gefördert und gefeiert, mit Preisen ausgezeichnet.
Jetzt aber: Simon Raab solo. Allein. Im Studio. Ohne musikalische Kommunikationspartner:innen. Ohne Echo von Seiten eines Publikums. Im Moment des Musizierens ganz auf sich selbst zurückgeworfen. Simon Raab hat sich diese Aufgabe nicht leicht gemacht. Er hat spontan improvisiert und komponiert, Ton für Ton ertastet, er hat getüftelt, ausprobiert, verworfen und neu begonnen, tief in sich hinein gehört und das Gefundene aus sich heraus gespielt. Da steckt viel Herzblut drin. Die Frage nach dem Eigenen, sie taucht da über kurz oder lang auf. Wer bin ich als Musiker? Oder, besser gesagt, wieviele? So könnte man in Abwandlung des Buchtitels von Richard David Precht fragen.
Wenn man Simon Raabs hier vorliegendes, erstes Soloalbum hört, könnte man aber auch sagen: Die Töne, die er sich in einem langen Arbeitsprozess abgerungen hat, die aus seinem Inneren herausströmen, sie können gar keine anderen sein als die “eigenen”, persönlichen. Denn so klingt Raabs Musik. Als könnte man ihm beim Denken zuhören, bei der sorgfältigen Entwicklung seiner schlüssig aufeinanderfolgenden Klanggedanken, ihrer Reduktion auf die Essenz – darauf bedacht, keinen Ton zu verschenken, jeden mit Bedeutung aufzuladen, alle Redundanz beiseite zu lassen. Dabei gelingt Simon Raab das Kunststück, seiner Musik Leichtigkeit zu verleihen, sie fließen zu lassen, mühelos. Völlige Fokussiertheit und vertrauensvolles Loslassen schließen sich hier nicht aus. Und bei aller logischer Klarheit, die die Klänge atmen, so erweisen sie sich doch sehr oft als unkalkulierbar, als erfrischend überraschungsreich für das Ohr.
Es ist ein Vergnügen, beim Anhören von Simon Raabs Solomusik in einen sehr individuellen, ja, ich möchte sagen: intimen und immens reichhaltigen musikalischen Kosmos einzutauchen, in dem ich immer wieder neue Facetten entdecke – und in dem ich mich doch sogleich zuhause gefühlt habe.
The pianist, whose thinking we love to listen to
by Andreas Felber
So – Simon Raab. Born in Upper Austria, he is well known within the young Viennese jazz community. For years the versatile, technically accomplished pianist has been in demand as sideman to a multitude of bands. In addition, he has been the bandleader of the captivating jazz quartet Purple is the Color, consisting of saxophone player Štěpán Flagar, bass player Martin Kocián and drummer Michał Wierzgoń. Together with Simon Raab at the piano they form a virtuous, highly dynamic, award-winning team that has been praised and celebrated.
But now – Simon Raab solo. Alone. In the studio. Without any musical partners to communicate with. Without an audience’s feedback. Entirely on his own with his instrument.
Simon Raab didn’t make light work of his task. He improvised and composed spontaneously. He felt for every single note, he worked meticulously, tried a lot, discarded ideas, and started anew. Deep inside himself he searched for the music and played straight from the heart. In this process, the question for oneself arises – who am I as a musician? Or, better phrased, how many musicians am I? This might be asked in reference to Richard David Precht’s book title.
While listening to Simon Raab’s first solo album another thought surfaces: The notes, which he wrenched from within himself in a difficult process, they must be his most personal and intimate ones. This is how his music sounds like. As if his thinking could be heard, as if he could be listened to while developing ‘thoughts of sound’ that are logically strung together. He reduces them to the essential – careful to not give away a single tune, to fill each one with meaning and to discard even the tiniest bit of redundancy. At the same time, Simon Raab succeeds in letting his music flow, in giving it ease, in making it seem effortless. Total focus and letting go trustfully do not eliminate each other in Raab’s music. And although the notes follow a logical structure, they are very often unpredictable and come as a refreshing surprise.
Simon Raab’s music opens a wide musical cosmos, which is intimate and individual as well as immensely varied and multifaceted. I have felt at home in it right away.